REGULIERUNG
Regulierung für mehr Wettbewerb auf dem Mobilfunkmarkt
Auf dem Weg ins Digitalzeitalter stellt die bevorstehende Frequenzvergabe die letzte Möglichkeit zur Kurskorrektur vor dem Dekadenwechsel dar, um wieder funktionierenden Wettbewerb herzustellen. Mit einem zielgenauen Regulierungsansatz zur Wettbewerbsförderung kann die Grundlage für faire Preis-Leistungs-Verhältnisse und gesamtgesellschaftliche digitale Teilhabe geschaffen werden.
Als Wettbewerbsförderer im oligopolistischen Mobilfunkmarkt kommt netzunabhängigen Mobilfunkanbietern eine besondere Rolle zu. Mit der Auferlegung einer Diensteanbieterverpflichtung können die von den Netzbetreibern etablierten Wettbewerbshemmnisse, u.a. beim diskriminierungsfreien Zugang zu ihren 5G-Netzen, neutralisiert und faire Marktbedingungen zwischen den netzbetreibenden und netzunabhängigen Mobilfunkanbietern hergestellt werden.
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teurer ist Mobilfunk in Deutschland gegenüber den Kosten in UK.
konkretisierte die nat. Umsetzung des EECC die Aufgaben der BNetzA bei der Förderung des TK-Wettbewerbs.
Frequenzvergabe
Rechtsgrundlage zur Wettbewerbsförderung im TKG
Mit dem neuen TKG hat der deutsche Gesetzgeber im Jahr 2021 die Richtlinie (EU) 2018/1972 über den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation („EKEK“) in nationales Recht umgesetzt. Nach Art. 52 Abs. 1 EKEK (vgl. § 105 Abs. 1 TKG) haben Regulierungsbehörden den Auftrag erhalten, wirksamen Wettbewerb zu fördern und Wettbewerbsverfälschungen im Binnenmarkt zu vermeiden. Bei der Erteilung, Änderung oder Verlängerung von Frequenznutzungsrechten durch die Mitgliedstaaten können die nationalen Regulierungsbehörden Frequenznutzungsrechte mit Bedingungen wie der Gewährung des Vorleistungszugangs und nationalem oder regionalem Roaming verknüpfen (Art. 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EKEK).
Bei ihrer Entscheidung über die Auferlegung wettbewerbsfördernder Maßnahmen – etwa in Form einer Diensteanbieterverpflichtung – hat die BNetzA den Wettbewerb auf dem Mobilfunkmarkt zu analysieren (§ 105 Abs. 2 S. 3 TKG). Der Ansatz zur Durchführung von Marktanalysen, einschließlich die Anforderungen des Drei-Kriterien-Tests, ist bei der Beurteilung lediglich zu berücksichtigen.
Die Prüfung des Drei-Kriterien-Tests zeigt, dass der deutsche Mobilfunkmarkt durch beträchtliche und anhaltende Marktzutrittsschranken gekennzeichnet ist (Kriterium Nr. 1) und er nicht zu wirksamen Wettbewerb tendiert (Kriterium Nr. 2). Die Anwendung des allgemeinen Wettbewerbsrechts ist weder ausreichend noch zielführend, da das Wettbewerbsrecht – anders als die Frequenzregulierung – nicht der Wettbewerbsförderung dient und im Übrigen auch nicht geeignet ist, das bestehende Marktversagen auf dem deutschen Mobilfunkmarkt zu beheben (Kriterium Nr. 3).
Die weiteren Voraussetzungen für die Auferlegung einer Diensteanbieterverpflichtung liegen ebenfalls vor: Sie würde nachweislich den Wettbewerb fördern und ist somit ein geeignetes Mittel zur Frequenzregulierung. Alternative, mildere Maßnahmen sind nicht ersichtlich. Insbesondere hat sich das „Verhandlungsgebot“ – dessen Anforderungen durch das BVerwG konkretisiert wurden – als nicht praxistauglich und wettbewerbsfördernd erwiesen. Das zeigt sich u.a. daran, dass Diensteanbieter auch mehr als drei Jahre nach Markteinführung noch immer keinen diskriminierungsfreien Zugang zu 5G haben.
Förderung des Wettbewerbs durch die Bundesnetzagentur
Nach § 105 TKG ist die BNetzA nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, die Notwendigkeit der Auferlegung einer Diensteanbieterverpflichtung zur Förderung des Wettbewerbs und zur Vermeidung weiterer Wettbewerbsverfälschungen zu überprüfen. Dabei verlangt weder der europäische noch der nationale Gesetzgeber besondere Marktmacht als Voraussetzung für die Auferlegung einer Diensteanbieterverpflichtung. Vielmehr ist die „Förderung des Wettbewerbs“ bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des § 105 TKG für den Erlass frequenzregulatorischer Maßnahmen ausreichend.
Die Verantwortung der BNetzA bei der Sicherstellung einer effizienten Frequenznutzung wurde kürzlich vom Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) nochmals hervorgehoben. Aus der Entscheidung des BVerwG geht deutlich hervor, dass eine effiziente Frequenznutzung fundamentale Bedeutung für einen wirksamen Wettbewerb hat und die Auslastung der Netze entscheidend vom Zugang zu entsprechenden Vorleistungsprodukten abhängt. Es obliegt daher der BNetzA als der zuständigen Regulierungsbehörde, Zugangsmöglichkeiten zum Vorleistungsmarkt zu schaffen, wo dieser Zugang durch die Netzbetreiber verweigert wird.
Status Quo
Aus einer überlegenen Verhandlungsposition heraus verhandeln Netzbetreiber mit netzunabhängigen Mobilfunkanbietern nicht freiwillig über diskriminierungsfreien Zugang zu 5G-Vorleistungen. Die Folge sind ausbleibender Zugang zu 5G-Vorleistungen und in der Folge ein geschwächter Wettbewerb auf dem Endkundenmarkt. Aus diesem Grund hat die Monopolkommission in ihrem 12. Sektorgutachten Telekommunikation aus dem Dezember 2021 empfohlen, den Erlass einer Diensteanbieterverpflichtung nach § 105 TKG zu prüfen, sofern „positive Erfahrungen mit dem [derzeit geltenden] Verhandlungsgebot weiterhin ausbleiben“.
Diensteanbieterverpflichtung
Mit der bevorstehenden Vergabe der Mobilfunkfrequenzen stellt die Bundesnetzagentur die Weichen für den deutschen Mobilfunkmarkt bis mindestens zum Dekadenwechsel. Ihr obliegt im Rahmen der Frequenzvergabe die Ausgestaltung der Frequenznutzungsbedingungen. So kann sie den Netzbetreibern diskriminierendes Verhalten gegenüber netzunabhängigen Mobilfunkanbietern untersagen, um Wettbewerb sowie Anbieter- und Produktvielfalt auf dem Endkundenmarkt zu erhöhen. Dafür sorgt die Diensteanbieterverpflichtung, die im Wesentlichen aus einem Diskriminierungsverbot und einem Kontrahierungszwang besteht. Mit ihr wird der Netzbetreiber verpflichtet, mit geeigneten Nachfragern Verträge abzuschließen. Darüber hinaus wird der Netzbetreiber verpflichtet, die Diensteanbieter technisch und bei der Preisfindung gegenüber dem Eigenvertrieb nicht schlechter zu stellen und alle netzunabhängigen Mobilfunkanbieter untereinander gleich zu behandeln.
Die bei den 2G- und 3G-Lizenzen bereits bewährte Diensteanbieterverpflichtung ist auch für 5G ein effizientes Regulierungsinstrument. Wie in früheren Jahren kann die Diensteanbieterverpflichtung auch bei 5G für eine schnelle Marktdurchdringung sorgen und dabei helfen, die Versorgungsziele zu erreichen. Mithilfe der Diensteanbieterverpflichtung könnte die Bundesnetzagentur künftig ein Level Playing Field auf dem Vorleistungsmarkt schaffen und würde so die Voraussetzung für Innovations- und Preiswettbewerb auf dem Endkundenmarkt herstellen. Funktionierender Wettbewerb – egal auf welchem Markt – benötigt faire Rahmenbedingungen und klare Regeln.
Milestones der 5G-Frequenzvergabe
Seit Mitte 2020 befindet sich die Bundesnetzagentur in den Vorbereitungen zur Bereitstellung von Frequenzen in den Bereichen 800 MHz, 1.800 MHz und 2,6 GHz für den Ausbau digitaler Infrastrukturen. Die bestehenden Nutzungsrechte von Frequenzen in den genannten Bereichen laufen zum Ende des Jahres 2025 aus. Die seit Beginn des Vergabeverfahrens erreichten Meilensteine und die dabei von der Bundesnetzagentur zur Konsultation gestellten Inhalte als auch die Stellungnahmen der Branchenunternehmen sind nachstehend dargestellt und verlinkt.
2020
Veröffentlichung Frequenzkompass 2020
2020
Branchenkonsultation zum Frequenzkompass
2021
Veröffentlichung Szenarienpapier
2021
Branchenkonsultation zum Szenarienpapier
2022
Veröffentlichung Orientierungspunkte
2022
Branchenkonsultation zu Orientierungspunkten
2022
Branchenkonsultation zum Wettbewerb mit Diensteanbietern
2022
September